Racing

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13. – 25. Februar 2023

Am 13. Februar konnte ich endlich St. Vincent verlassen und lande am Nachmittag in Antigua. Antigua ist aktuell das Mekka aller Segelbegeisterten, da hier in einer Woche das legendäre Caribbean 600 Race startet. Dabei handelt es sich um eine Regatta, die jedes Jahr vom Royal Ocean Racing Club ausgetragen wird. Der Club veranstaltet seit 1925 höchst prestigeträchtige Regatten, darunter auch zwei Transatlantic Rennen und das Fastnet Race. Die jetzt ausgetragene Caribbean 600 geht über 600 Seemeilen und schlängelt sich dabei um die Leeward Islands von Sint Maarten bis nach Guadeloupe.

Der Streckenverlauf der Caribbean 600

An der Caribbean 600 nehmen alle Arten von Segelyachten teil – von der klassischen Charteryacht bis hin zu reinrassigen Volvo 65 Racer. Stars der Regatta sind die beiden Trimarane Maserati und Zoulou, die gerade eine Transatlantik-Regatta über 3.000 Seemeilen von Lanzarote nach Grenada hinter sich haben. Dabei hat hat Maserati einen neuen Fabelrekord von 5 Tagen 5 Stunden und 46 Minuten aufgestellt. Hier mittendrin zu sein ist ein absolutes Highlight.

Ich treffe hier wieder auf Martin und wir übernachten im Waterfront Inn – einem Hostel mit großer Terrasse und phantastischem Blick auf die Bucht von Falmouth Harbour. Martin hat für uns zwei Betten in einem 8-Bett Schlafsaal gebucht. Wir treiben uns jeden Tag auf den Stegen herum, sprechen mit Skippern und Crews und versuchen natürlich, einen last-minute Platz auf einem der Boote zu bekommen.

Mit unserem Hostel haben wir einen super Fang gemacht. Wir lernen jeden Tag neue super interessante Menschen kennen. Ganz besonders spannend sind für uns Mikael, der Navigator einer finnische TP52 mit einer neuen Generation von Foils; Jessy, die mit einem Ruderboot über den Atlantik gesegelt ist und vor zwei Wochen ankam; Rory, der Teil der festen Crew auf einem der Volvo Ocean Racer ist und Pieter, ein Holländer der auf einer Class 40 am Rennen teilnimmt.

Die Tulikettu vom Finischen Racing Team

Neben der Caribbean 600 gibt es noch einen weiteren großen Event – die Talisker Challenge. Dabei handelt es sich darum, mit einem Ruderboot über den Atlantik zu rudern. Mitmachen kann man sowohl als Solo Ruderer aber auch im Team mit mehreren Leuten. In unserem Hostel ist Jess abgestiegen. Sie ist zusammen mit 3 anderen Frauen (Team Full Throttle) von den Kapverdischen Inseln aus über den Atlantik gerudert ist. Die Überfahrt hat 42 Tage gedauert. Ihre Erzählungen darüber, wie das ganze abläuft, sind schon echt krass und unsere Hochachtung vor Ihr ist gewaltig.

Das Full Throttle Team mit Jess (2. von rechts)

Ein paar Tage erleben wir dann auch tatsächlich die Ankunft eines weiteren Ruderbootes. Die „Mr. und Mrs. Seas“ war 66 Tage auf See und die beiden stehen nach Ihrer Ankunft noch reichlich wackelig auf dem Steg. Wir bieten Ihnen zusammen mit ca. 50 anderen einen tollen Empfang und bekommen drei Tage später auch noch die Gelegenheit, persönlich mit Ihnen zu sprechen.

Mr. and Mrseas

Da wir ja nicht wegen dem Rudern gekommen sind, verbringen wir unter anderem viel Zeit mit Mikael. Mikael ist ein schwedischer Segelprofi, der auf der Tulikettu – einer TP 52 Rennmaschine – als Navigator an der Regatta teilnehmen wird. Wir freunden uns mit ihm an und bekommen tolle Einblicke in die Navigation der Profis bei einer Regatta. Interessanterweise ist er auch ein Freund von Linda und so schließt sich ein weiteres Glied in meinem Seglernetzwerk.

Mit Erich kann ich auch einen weiteren Kontakt intensivieren. Erich ist Schweizer und mit seiner Beneteau First 47 hier. Er wird ebenfalls an der Regatta teilnehmen. Zur Zeit ist er dabei, mit der bereits vorhandenen Crew das Schiff von allem überflüssigen Balast zu befreien. Das reicht vom Ersatzanker über alle möglichen Ersatzteile, Fender, Bücher bis hin zu den Polstern der Sitzbänke. Alles wird in einem riesigen Haufen auf der Pier gestapelt und nach der Rückkehr wieder an Bord verstaut.

Vor dem Rennen werden die Boote komplett leergeräumt, um Gewicht zu sparen

Wir spazieren natürlich jeden Tag auf den Stegen auf und ab und bewundern die verschiedenen Boote. Neben den großen Rennbooten der Volvo 65 Klasse haben es mir vor allem die Class 40s angetan. Das sind Boote mit einer Gesamtlänge von überschaubaren 40 Fuß. Sie werden von 3-4 Mann Besatzung gefahren und sind komplett auf Raumschotskurse konzipiert. Die neueste Generation hat einen flachen Bug und kommt damit sehr schnell ins gleiten. Nachteil dieser Konzeption ist, dass der flache Bug auf Kursen am Wind auf jeder Welle regelrecht aufschlägt. Beim Start konnte man das über 300 m hinweg noch richtig laut hören. Wie das an Bord knallt, kann man sich dann leicht vorstellen.

Ein ganz besonderes Boot ist die Penduick VI. Sie wurde 1973 für das Whitebread Race gebaut. Dabei handelt es sich um eine Segelregatta um die ganze Welt, die ohne moderne Technik ausgeführt wird. Die Penduick VI wurde seinerzeit von Eric Taberly gesegelt – einem sehr berühmten französischen Segler. Sie ist eine in ganz Frankreich bekannte Segelyacht und wird heute von Erics Tochter Marie als Skipperin gesegelt. Sie wird sich sehr gut im Rennen schlagen.

Die legendäre Penduick VI

Drei Tage nach meiner Ankunft im Hostel Waterfront Inn bekommen wir noch ganz besonderen Zuwachs: das komplette Profi-Team der Maserati steigt bei uns im Hostel ab. Sie bleiben zwar eher unter sich und reden untereinander auch nur Italienisch. Trotzdem bekommen wir eine ganze Menge mit und drücken Ihnen für das Rennen die Daumen. Die Maserati ist ein Trimaran, der ausschließlich auf Geschwindigkeit gebaut wurde. Er wird mit 6-8 Mann Besatzung gefahren und kann aufgrund seines äußerst geringen Gewichts extrem schnell beschleunigen und über das Wasser gleiten. Im Rennen erzielt die Maserati über die gesamte Strecke hinweg eine Durchschnittsgeschwindigkeit von über 20 Knoten – schon eine andere Nummer als die 5,8 Knoten, mit denen wir über den Atlantik gesegelt sind.

Maserati

Am Montag, den 20. Februar startet das Rennen. Wir sind ab 10 Uhr auf dem Felsen, der das eine Ende der Startlinie markiert und haben einen phantastischen Blick auf die Boote. Der Start erfolgt in 4 Gruppen und da die Ambitionen hoch sind, wird gewaltig gefightet. Bei der ersten Gruppe gelingt es einem Boot ganz in Küstennähe die Startlinie auf dem Backbordbug1 zu überqueren. Das ist eigentlich ein Nachteil, da man den Schiffen auf Steuerbordbug gegenüber ausweichpflichtig ist. Das Boot ist jedoch so schnell, dass es erst gar nicht zu einer Kollisionsgefahr kommt und da dieser Bug aufgrund der Windverhältnisse mehr Geschwindigkeit erlaubt, segeln sie dem Rest des Feldes erst einmal mühelos davon.

In der dritten Gruppe der Class 40s versucht die IBSA den gleichen Trick. Sie ist allerdings nicht schnell genug davon und muss nun einem Konkurrenten nach dem anderen ausweichen. Nach 1 Minute kurvt sie immer noch auf der Startlinie entlang, bis sie endlich eine Lücke findet und los segeln kann.

Insgesamt sind die Starts ein tolles Lehrbeispiel für Regattastarts, welches wir in vollen Zügen genießen. Nachdem die Boote unterwegs sind, verfolgen wir das Rennen mit Hilfe einer App, über die man im Stundentakt die aktuellen Positionen und die Kurse der Boote verfolgen kann. Uns interessieren insbesondere die Taktiken bei der Passage von Guadeloupe. Die Strecke führt an der Westseite der Insel entlang welche sher unterschiedliche Windverhältnisse bereit hält. Mikael hat uns darüber schon aufgeklärt und so ist es umso spannender, die unterschiedlichen Strategien zum Passieren der Insel zu verfolgen. Am nächsten Tag wird es dann gleich zum ersten Mal spannend. Gegen Abend ewrden die beide 3-Rumpf Boliden Maserati und Zoulou im Ziel erwartet. Sie haben sich während des Rennens in der Führung abgewechselt und kommen nahezu zeitgleich auf die letzte Bahn. Das Finish wird dann zu einem echten Nervenkrimi und am Schluß hat die Zoulou mit einem Vorsprung von ganzen 11 Sekunden !!! die Nase vorn. Was für ein Finale. Für unsere Hostel-Genossen von der Maserati ist das Ergebnis natürlich eine herbe Enttäuschung und dementsprechend ausführlich fällt am übernächsten Tag die Analyse aus.

Rennanalyse des Masert

Ein weiteres Highlight ist die Ankunft der Toska ein Gunboat 68. Die Toska ist eine Katamaran der besonderen Art. Er verbindet besten Luxus mit absoluter Performance dank seiner extremen Leichtbauweise und den übergroßen Daggerboards. Die Toska wird von keinem geringeren als Sir Alex Thomson geskippert. Alex Thomson ist einer der berühmtesten Segler unserer Zeit. Er wird das Rennen mit seinem Team als 4. overall beenden und sämtliche Volvo Ocean Racer hinter sich lassen. Was für ein Erfolg für das Team und was für eine Werbung für die Firma Gunboat.

Für manch andere Teilnehmer verläuft das Rennen weniger erfolgreich. Es gibt eine Menge Schäden an den Booten, die ja ziemlich am Limit gefahren werden. Besonders hart trifft es ausgerechnet die Tulikettu mit Mikael an Bord. Ca. 20 sm nach dem Start bricht Ihnen einer der beiden Foils mit einem lauten Knall. Sie müssen umdrehen und sind schon am selben Abend wieder im Hafen. Ein anderes Boot – die Spirit of Juno – schrottet im Laufe des Rennens Ihre drei wichtigsten Segel und muss das Rennen 20 sm vor dem Ziel abrechen und den Motor anschmeißen. Pech nicht nur für sie sondern leider auch für Martin und mich. Wir waren nämlich als Crew für das Heineken Rennen vorgesehen, welches am 2. März in Sint Maarten startet  und über 4 Tage geht. Am 25. Februar geht das Rennen mit einer großen Party zu Ende, die für manche erst mit dem Morgengrauen endet. Insgesamt haben wir in den letzten zwei Wochen sehr viel über Boote, Technik und Renn-Navigation gelernt und einige tolle neue Kontakte geknüpft. Einfach genial.

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