Über den Atlantik Teil 1 – Von der Karibik zu den Bermudas

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2. – 11. Mai

Der Segeltörn von der Karibik zurück nach Europa unter meiner Verantwortung als Skipper ist der eigentlich Ausgangspunkt meines Karibiktraums. Und jetzt ist es endlich soweit. Am Dienstag, den 2. Mai um 13:10 Uhr starten wir die Maschine und holen den Anker hoch. Noch in der Bucht von Anguilla setzen wir die Segel und gleiten unter Vollzeug bei moderatem Wind hinaus aufs Meer. Unsere Route führt uns zunächst an der Küste von Anguilla entlang, um ein letztes Riff zu umfahren. 5 Stunden später sind wir frei von allen Untiefen und peilen Bermuda als nächstes Ziel an. Angegeben ist diese Passage mit 850 Seemeilen, welche ich bei günstigem Wind mit 6 Tagen kalkuliere. Mit diese „günstigem Wind“ hat es sich aber leider bereits am ersten Abend und so müssen wir bereits 5 Stunden später schon wieder die Maschine starten. Zum Teil war das aufgrund der Vorhersage allerdings auch erwartet, da wir nicht auf ein günstiges Wetterfenster warten wollten. Wir halten die Segel allerdings oben und bekommen so etwas zusätzliche Unterstützung durch den lauen Wind.

Vor uns liegen 850 Seemeilen Richtung Norden quer durch die Saragossa See wie dieser Teil des Atlantiks auch genannt wird. In den letzten Tagen haben wir fleißig die Wetterentwicklung verfolgt und leider ist uns der Wind nicht hold. Wir motoren uns durch die ersten 2 Tage. Leider ist unser Volvo Penta Diesel nicht besonders leistungsstark und zusätzlich ist auch die Schraube nicht auf Hochglanz poliert. Daher machen wir äußerst moderate 4 Knoten Geschwindigkeit. Jede noch so kleine Brise wird sofort genutzt, indem wir die Segel hochziehen und den Motor damit etwas unterstützen.

Die Tage vergehen mit Nichtstun. Einzige Unterbrechung ist der zweimalige Wechsel des Benzinfilters, der sich immer noch übel mit Dreck zusetzt.

Nach 4 Tagen kommt endlich Wind auf und wir genießen einen guten halben Tag Segeln mit welchsender Windstärke. Dann ist es damit aber auch wieder vorbei und wir motoren wieder vor uns hin. Die Wetterberatung von Sebastian Wache von der Wetterwelt schickt uns einen guten Tip und so ändern wir den Kurs leicht Richtung Westen in der Hoffnung, die drehenden Winde etwas besser nutzen zu können. Wir sind jedoch viel zu langsam und können auch die notwendige Höhe nicht wirklich laufen und so hält sich die Windunterstützung weiter in Grenzen. Am 5. Tag (da wollten wir eigentlich schon auf den Bermudas einlaufen) macht sich vor uns ein Hoch breit. Das bedeutet null komma null Wind auf einer Strecke von 200 sm. Wir ergeben uns in unser Schicksal und nutzen die Gelegenheit zu einem tollen Erfahrung: ein Bad im Atlantik in über 5.000 m Wassertiefe.

Baden in 5.000 m Wassertiefe im Ozean

Am 6. Tag hat sich die See komplett geglättet und wir werden mit einem wunderschönen Naturschauspiel entschädigt. Das spiegelglatte Meer lässt den Sonnenuntergang in den unbeschreiblich schönsten Farben erstrahlen. Wir kommen aus dem Staunen nicht heraus und verlegen selbst das Kochen an Deck, um keinen Moment zu verpassen. Nachdem die letzten Sonnenstrahlen untergegangen sind, genießen wir einen phantastischen Sternenhimmel zum Kartoffelauflauf. Und dann entdeckt Tom das magische Fluorizieren des uns umgebenden Planktons. Diese Planktonart fängt an, fluoriszierend zu leuchten, wenn sie „gestört“ wird. Als Störung reicht schon unsere Bugwelle. Tom kommt auf die Idee, sich den Bootshaken zu schnappen und damit aufs Wasser zu schlagen. Jeder Schlag sorgt für ein Feuerwerk and fluoriszierenden Funken im Wasser. Ein unglaublicher Anblick der uns eine halbe Stunde lang fesselt. Und als wäre das alles noch nicht genug, geht zu guter Letzt der Mond mit einem spektakulären Leuchten am Horizont auf. Schöner kann ein Tag auf See nicht enden.

Ein weitere beliebte Beschäftigung bei Flaute ist das Brotbacken. Da unser Toastbrot aufgebraucht ist, mache ich mich daran, ein Olivenbrot zu Backen. Das schmeckt herrlich und ist super einfach und schnell gemacht. Hier das Rezept zum Nachkochen zu Hause:

800 gr. Weizenmehl

1 ½ Teelöffel Trockenhefe

1 Teelöffel Salz

1 Teelöffel Zucker oder Honig

1 Glas /1 Dose schwarze entkernte Oliven (wir brauchen die gesamte Flüssigkeit aber nur die Hälfte der Oliven)

Die ersten vier genannten Zutaten in eine Schüssel geben und mit der Flüssigkeit aus dem Olivenglas und zusätzlich etwas handwarmem Wasser verrühren. Es muss ein zähflüssiger klebriger Teig entstehen. Achtung mit dem handwarmen Wasser. Vorsichtig zugeben und immer wieder zuerst verrühren, sonst wird der Teig schnell zu flüssig. Am Schluß die Oliven unterrühren. Eine Kastenform mit Backpapier auskleiden und den Teig da hineinbugsieren und gleichmäßig verteilen. Mit Backpapier und einem Geschirrtuch zudecken und für 2 Stunden an einem warmen Platz stehen lassen. Anschließend in den Ofen und ca. 45 Minuten backen. Anm.: beim Gasherd an Bord einfach auf voller Stufe backen. Aus dem Ofen und der Form holen, abkühlen lassen und genießen.

Am Nachmittag kündigt sich endlich der ersehnte Wind an. Noch lange, bevor er uns selbst um die Nase weht, kommen wir die Wellen zu spüren. Wellen „bewegen“ sich schneller im Wasser als der Wind und sind daher gute Vorboten. Wir werden gründlich durchgeschaukelt und setzten schließlich das Großsegel, um die Schaukelei etwas zu dämpfen. Ein altbewährtes Mittel welches zuverlässig wirkt.

Um Mitternacht ist es dann endlich soweit. Wir können die Maschine stoppen und die Segel hochziehen. Wegen der Nacht und dem immer noch raumschots schralenden Wind setze ich die komplette Genua in Verbindung mit dem Groß im zweiten Reff. Das reduziert das Schaukeln durch die seitlich anrollenden Wellen deutlich und wir machen endlich wieder über 5 Knoten Fahrt unter Segeln! Die Vorhersage lautet auf mehr und vor allem beständigeren Wind über die nächsten 24 Stunden. Er wird etwas drehen und wir freuen uns schon auf einen tollen Segeltag. Die Freude hält allerdings wie gesagt nur ca. 24 Stunden an. Dann dreht der Wind wie vorhergesagt auf Nordnordost und kommt somit genau aus Richtung der Bermudas. Da die Peristera überhaupt keine vernünftige Höhe laufen kann, müssen wir die Maschine wieder bemühen. Leider ist diese aber sehr schwach dimensioniert und auch die Schraube liefert wegen des Bewuchses mit Seepocken nicht die volle Leistung. Und so zuckeln wir mit 3-4 Knoten im Schneckentempo die letzten Seemeilen unserem Ziel entgegen. Unsere Strategie ist, zunächst das südliche Ende der Bermudas anzusteuern um dann im „Schatten“ der Insel mit etwas weniger Welle zum nördlichen Ende zu tuckern. Bermuda Radio funkt uns dann auch schon 20 Seemeilen vor der Küste an. Auf Ihrem Radar sieht es zunächst so aus, als ob wir die südliche Lagune anlaufen wollen, was wegen der Immigration aber nicht zulässig ist. Wir erklären unsere Strategie und kommen letztendlich um 16 Uhr Ortszeit in der Bucht von St. Georg an. Nachdem wir die Immigration hinter uns gebracht haben, suchen wir uns einen geeigneten Ankerplatz neben einem rustikalen Wrack in der St. Georg Bay.

Um 18 Uhr können wir dann das wohlverdiente Ankerbier genießen. Danach geht es ab zum Dinghi Dock und in das von der Immigration empfohlene Restaurant. Es wird  ein schöner feuchfröchlicher Abend und wir sind erst nach 22 Uhr wieder zurück an Bord. Am nächsten Tag begeben wir uns auf Erkundungstour und machen zunächst an der Marina im nördlichen Teil der Lagune fest. Nachdem wir uns dort mit ein paar Yachties ausgetauscht haben, unternehmen wir noch einen kleinen Spaziergang durch den nördlichen Zipfel. St. Georg ist ein völlig verschlafener Ort. Früher einmal das Zentrum der Insel fristet er heute ein äußerst beschauliches Dasein mit schönen gepflegten Häusern, sauberen Straßen und einem herrlichen Strand an der Nordseite.Er lädt direkt zum Baden ein und wir planen schon einen Badetag, als wir am Strand wieder auf die portugisische Galeere treffen. Wird also nichts mit dem Baden aber das Ambiente ist trotzdem herrlich.

Am Nachmittag machen wir uns dann mit der zweiten Marina. Auf dem Weg dahin kommt uns die Crew der Good Fellow entgegen. Sie sind am Vortag wenige Stunden vor uns aus Miami eingetroffen. Die Wiedersehensfreude ist groß und wir werden sie in den nächsten Tagen noch einige Male treffen. In der Marina angekommen machen wir uns mit der Ortsmitte vertraut und beschließen spontan, mit dem Bus auch noch zum eigentlichen Zentrum von Bermudas – Hamilton – zu fahren. Hamilton ist das genaue Gegenteil von St. Georg. Zugepflastert mit Häusern und teilweise auch modernen Bürogebäuden ist es voll, laut aber auch nicht ohne Charme. Wir können uns ein Abendessen aus der warmen Theke eines Supermarkts und anschließend einen Cocktail in einer schicken Bar des Princess Resorts. Auf dem Rückweg liegen dann noch zwei weitere coole Bars und wir nehmen schließlich den letzten Bus kurz vor Mitternacht zurück nach St. Georg. Am nächsten Morgen schauen wir uns die aktuelle Wettervorhersage der nächsten Woche an. Es droht schon wieder das nächste Flautengebiet und wir überlegen, eventuell schon am nächsten Tag wieder abzulegen. Wir fragen also unseren Wetterguru per eMail um eine Empfehlung an und beginnen mit den Vorbereitungen. Zunächst haben wir jedoch Hunger und begeben uns erst einmal zu Munchies. Hier gibt es richtige tolle Burger für vergleichsweise kleines Geld.

Den restlichen Tag geht dann für Wäsche waschen im örtlichen Waschsalon und für und Proviantierung drauf. Immerhin schaffe ich es noch, einen Friseurtermin einzuschieben und so hat sich der arbeitsreiche Tag wenigstens voll gelohnt. Die Empfehlung von Wetterwelt lautet, unseren Starttermin um mindestens einen Tag zu verschieben. Das bedeutet für uns einen zusätzlichen freien Tag hier auf der Insel. Wir schlafen also erst einmal gründlich aus und machen uns dann daran, die Peristera gründlich zu putzen. 3 Stunden später ist die Arbeit getan und wir verbummeln den Rest des Tages in einem der schönen Strandrestaurants und an Bord, nicht ohne noch einmal ausführlich die Route der nächsten Tage zu besprechen.

Am Abend gibt es dann noch etwas zu tun. Der Wind hatte tagsüber gedreht und wir haben Zweifel, ob unser Anker noch hält. Wir dampfen also  etwas rückwärts ein und unsere Befürchtung bewahrheitet sich. Wir gehen also im stockdunkeln Anker auf und setzten in neu etwas weiter entferrnt. Ein weitere Test bestätigt dann – er hält. Den Abend lassen wir bei einem Glas Wein bzw. einem Bier ausklingen und gehen früh zu Bett.

Morgen werden wir dann noch schnell Tanken uns Ausklarieren und gegen Mittag geht es dann auf zu unserem nächsten Ziel – den Azoren.

P.S.: da wir über einen sogenannten YB Tracker verfügen, lässt sich unsere Position mit über den folgenden Link mitverfolgen. Er wird ca. alle 12 Stunden aktualisiert.

https://my.yb.tl/syperistera/map-only/

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Susanne Hofmann

    Oh, wie wunderbar!!!! Gibt es einen Stopp auf Madeira?
    lieben Gruß von Susanne

    1. Stefan Ley

      Den gab es :-). Tolle Insel

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