Sint Maarten – Warten auf den nächsten Job

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11. Januar – 29. Januar

Nach der Auszeit in Guadeloupe lande ich am 11. Januar in St. Martin. Hier bringe ich die nächsten Tage damit zu, mich intensiv um Folgeaufträge zu kümmern und gleichzeitig den STCW Kurs zu absolvieren. Das ist eine 6-tägige Ausbildung mit den Modulen Individuelle Sicherheit, Generelle Sicherheitsthemen, Erste Hilfe und Brandbekämpfung. Ohne dieses STCW Zertifikat kommt man hier nur schwer an Aufträge.

Zunächst aber treffe ich hier wieder auf Martin. Er ist nach unserem Engagement in den BVIs noch ein paar Tage dort geblieben und kam dann auch hier auf die Insel. Er hat sich im holländischen Teil einquartiert und zwar – glücklicher Zufall – in St. Peters, dem gleichen Ort in dem auch ich absteige.

Nachdem ich mein Quartier mit Hilfe der Unterstützung der Bewohner der halben Straße endlich gefunden habe (es war mal wieder weder eine Hausnummer angegeben noch stand der Name der Unterkunft außen dran), mache ich mich auf den Weg nach Philippsburg wo wir unser Wiedersehen mit ein paar Bier feiern.

Aber erst einmal zur Insel selbst: Sint Maarten / St. Martin ist zwar eine echt kleine Insel mit einem Durchmesser von Luftlinie gerade einmal 13 km. Sie ist aber nichtsdestotrotz in einen französichen und einen niederländischen Teil geteilt. Früher gabe es tatäschlich auch einmal eine Grenze. An die erinnert heute aber nur noch ein verlassener Grenzposten an einer der Straßen, die die ganze Insel überziehen.
Die Unterschiede zwischen den beiden Inselteilen sind allerdings teilweise sehr deutlich. Während der französische Teil etwas aufgeräumter wirkt und mit tollen Restaurants und einem Mega Weinangebot in den Supermärkten glänzt, geht es im niederländischen Sint Maarten eher locker zu. Telefontechnisch kann ich mit meinem Telefonvertrag von zu Hause im französischen Teil ohne zusätzliche Roaminggebühren telefonieren als wäre ich in Frankreich. Im niederländischen Teil dagegen würden horrende Gebühren anfallen, weswegen ich mir mal wieder eine Prepaid Simkarte gekauft habe. Beide Inselhälften verfügen dagegen jeweils über einen Flughafen. Der niederländische in Sint Maarten ist deutlich größer und wird auch international angeflogen. Und er hat noch eine weitere Besonderheit: die Start-/Landebahn beginnt sprichwörtlich direkt am Strand und die Leute machen sich einen Spaß daraus, sich beim Start einer großen Maschine direkt dahinter auf dem Strand aufzustellen. Sobald die Maschine Gas gibt, werden sie ganz ordentlich Richtung Wasser davon geweht. Davon abgesehen ist dieser Strand – Maho Beach – aber ein wunderbarer Ort, um einen der herrlichen karibischen Sonnenuntergänge bei einem Becher Rumpunsch zu genießen, was wir auch mehrmals praktizieren.

In den nächsten Tagen sitzen Martin und ich häufig zusammen und tauschen uns über unsere Bewerbungen aus. Es ist leider etwas mühsamer als gedacht und überall gibt es Stolpersteine: während die BVIs eigentlich eine Work Permit erfordern haben sich die Charterfirmen auf den französischen Inseln darauf geeinigt, nur noch französische Schifferpatente zu akzeptieren, wenn man gewerblich skippern will. Das ist natürlich Quatsch aber die Franzosen gelten hier als etwas „close minded“, also engstirnig. Wir durchforsten daher das Internet nach allen möglichen Quellen und schreiben jede noch so kleine Charterfirma auf allen Inseln an und fragen auch sonst an jeder Ecke der Insel persönlich nach.

Einen überraschend guten Tipp bekommen wir dann mal wieder aus einer völlig unerwarteten Ecke: Auf dem Weg zu einer Charterfirma fragen wir in einem Beauty Salon noch einmal nach dem Weg. Die französische Inhaberin wird daraufhin neugierig und es stellt sich heraus, dass Ihr Sohn auch schon auf der Insel als Skipper gearbeitet hat. Wir verlassen das Geschäft wieder mit einigen richtig guten Tipps im Gepäck. Abgesehen von der Jobsuche haben wir jetzt plötzlich viel Zeit. Zunächst beschließen wir, zusammen zu ziehen um Kosten zu sparen und so kommen wir bei Paula unter. Paula ist Insulanerin, besitzt zwei Häuser im selben Ort und vermietet eine ganze Reihe von Appartments. Wir kommen in einem Appartment unter, das für 4 Personen konzipiert ist. Es hat neben einem Schlafzimmer mit 4 Betten noch ein Wohnzimmer und eine Küche mit Esstisch, einen Balkon und ein Bad. Dazu können wir noch den Gemeinschaftspool und die Dachterasse nutzen. Für 20 US Dollar pro Tag und Nase ist es für hiesige Verhältnisse ein richtig gutes Angebot.

Nachdem wir zwei Tage alleine verbringen bekommen wir für 3 weitere Tage ein junges Paar von der Nachbarinsel St. Barth dazu. Die beiden sind super nett und wir lernen sehr viel über die Inseln um uns herum. Später die Woche bekommen wir noch einmal für 4 Tage eine Amerikanerin aus Kalifornien, die aber wenig gesprächig ist. Ansonsten machen wir ein paar Ausflüge über die Insel und stoßen dabei auf einen regelrechten Lost Place. Es ist ein ehemaliger Hafen mit Geschäften und Appartments. Die ganze Anlage liegt am Oyster Pond – einem zum Meer hin offenen Teich. Sie wurde vom Hurrikan Irma, der 2017 ganz fürchterlich in der Karibik gewütet hat, zerstört und nie wieder aufgebaut. Der Spaziergang durch die Ruinen mutet echt gespenstisch an. Vor allem, da noch eine Menge Relikte aus der glorreichen Vergangenheit vorhanden sind. So finden wir beispielsweise noch eine eingeschweißte Menükarte Coktailkarte des ehemaligen BeBop Shoeshop in den Rudimenten des ehemaligen Restaurants.

Ein anderer Ausflug führt uns zum Orient Beach – einem wunderschönen langen Sandstrand mit vielen Strandbars. Am nördlichen Ende leihen wir uns ein Kajak und paddeln zu nahegelegenen Isla de Pinel. Hier kann man wie immer super schön Schnorcheln aber auch leckere  Drinks in einer der zwei Strandbars genießen.

Auf dem Weg dahin sehen wir noch mehrere Köpfe von schwimmenden Schildkröten aus dem Wasser ragen. Wir kommen aber leider keiner nahe genug, um sie aus der Nähe betrachten zu können. Ein dritter Ausflug führt uns nach Grand Case, einer kleinen Ortschaft im französischen Teil, der für seine guten Restaurants bekannt ist. Hier gibt es tatsächlich eine Straße, in der sich ein Restaurant an das andere reiht. In den meisten kann man – typisch französisch – sehr gut aber auch entsprechend teuer essen. Angesichts der Tatsache, dass man hier im französischen Teil im Supermarkt (!) problemlose Weine für über 200 € die Flasche kaufen kann, verwundert das allerdings nicht besonders. Außerdem liegen die meisten – wie könnte es auch anders sein – am Strand und bieten einen herrlichen Blick über die Bucht. Am Montag, den 23. Januar beginnt dann mein STCW Kurs in de Maritim School of the West Indies. Der Kurs beschäftig sich mit allerlei Themen rund um das Thema Sicherheit. Neben der eigenen Sicherheit geht es auch um allgemein Gefahren auf See (z.B. Piraterie), Erste Hilfe und Brandbekämpfung. Highlights sind der praktische Teil im Schwimmbad bei dem den halben Tag in Schwimmweste, Überlebensanzug und Rettungsinsel im Wasser verbringen und die realitätsnahen Übungen zur Brandbekämpfung in Vollmontur mit Sauerstoffflasche. Letztere macht zwar für Segelyachten keinen Sinn. Trotzdem ist die erfolgreiche Teilnahme an dem Kurs für gewerblich arbeitende Skipper hier in der Gegen Pflicht. Ich lerne jedenfalls jede Menge dazu und kann auch mein Netzwerk weiter ausbauen, da wir eine Klasse von 16 Schülern sind.

Über einen der Lehrer bekomme ich dann auch eine Anfrage zur Überführung einer Segelyacht von Sint Maarten nach Mazatlán. Mazatlán liegt an der Pazifikküste von Mexiko und die insgesamt 3.200 sm lange Strecke führt durch die gesamte karibische See und den Panamakanal. Was für ein Törn!!! Martin und ich würden das auf jeden Fall zusammen machen und sind schon mächtig aufgeregt, ob das klappt.

Für den Weg zur Schule und zurück verwende ich wie auch für alles andere auf der Inseln den Bus. Busfahren ist hier echt witzig. Die Busse sind alles Einmann-Privatunternehmen, die von der Verwaltung eine spezielle Lizenz bekommen. Dazu gibt es auch das passende Nummernschild, sodaß man jeden Bus immer am Anfangsbuchstaben „B“ auf dem Nummernschild erkennt. Zum Unterschied dazu haben Taxis beispielsweise ein “T” oder ein “Taxi” als ersten Teil der Nummer. Da es nur wenige große Straßen gibt, die die Inseln überziehen, fahren die einzelnen Busse immer nur eine Strecke hin und her. Dafür haben sie entsprechende Schilder, die vorne auf dem Amarturenbrett liegen und auf denen das aktuelle Ziel – bsw. „Marigot“ steht. Sobald ein Bus mit dem richtigen Zielort vorbeikommt, winkt man kurz und steigt ein. Egal wo. Genaus steigt man mit einem „Driver please stop“ auch immer da aus, wo man aussteigen möchte. Es gibt zwar auch eine ganze Menge offizieller Bushaltestellen aber daran ist man nicht gebunden. Muss man umsteigen, gibt es Knotenpunkte, die von mehreren Buslinien tangiert werden und man steigt halt einfach aus und fährt mit dem nächsten Bus weiter. Die Busfahrten kosten meistens 1 Dollar 50. Die bezahlt man, wenn man aussteigt. Ausnahmen gibt es, wenn man mit einer 10-Dollar Note bezahlen will. Die wird dem Fahrer schon vorher übergeben, so dass er während der Fahrt das Wechselgeld heraussuchen kann.

Da die Busse alles voneinander unabhängig sind, gibt es natürlich keinen festen Fahrplan. Das macht aber auch nichts, da sowieso ständig einer vorbeikommt. Wartezeite von über 5 Minuten gibt es nur am Wochenende oder am späteren Abend.

Da Sint Marteen / St. Martin eine typisch karibische Insel ist, gibt es hier auch ein paar Dinge, über die man überall und laufend stolpert. Da sind zunächst die Hunde, Hähne und Hühner. Hunde gibt es praktisch überall, sowohl in den Gärten der Häuser als auch frei herumstreunend. Die meisten sind aber scheu und laufen vor einem davon. Im Gegensatz dazu krähen die Hähne zu fast jeder Tag und Nacht Zeit. Das kann manchmal ganz schön nerven.

Weiter findet man an jeder Ecke ein Schrottauto. Anscheinend gibt es keinen Schrottplatz und so werden die Autos an Ort und Stelle stehen gelassen oder teilweise vorher noch ausgeschlachtet.

Eine weitere Besonderheit sind die Lotteriebuden. Auch diese findet man in den Ortschaften alle 100 m. Sie sind immer gelb und es gibt ausschließlich Lottoscheine zu kaufen. Für Ausländer ist das Lotteriespielen übrigens verboten.

Morgens und Mittags befinden sich unzählige Kinder auf dem Weg zur bzw. von der Schule. Dafür gibt es spezielle Schulbusse und zwar in riesiger Anzahl. Es ist keine Besonderheit, wenn man morgens auf der Straße 5 oder 6 Schulbusse gleichzeitig unterwegs sind.

Weiter haben die Häuser praktisch alle Ihre Wasser und Stromzähler außen an der Strasse. Somit kann man schön im vorbeilaufen ablesen, wieviel Strom oder Wasser der Nachbar verbraucht. Interessiert aber natürlich keinen.

Und dann gibt es noch an jeder Ecke eine Kneipe. Die typische Kneipe besteht aus einem Tresen, 2-4 Stehtischen, einer Wirtin hinter dem Tresen, einem Chef der viel herumkommandiert aber ansonsten nichts bewegt und 4-6 Gästen. Wir haben uns nach kurzer Zeit auch auf eine Stammkneipe festgelegt, die deutlich größer als der Durchschnitt ist. Dort gibt es am Wochenende sogar einen DJ, der Musik auflegt. Der Chef mag uns von Anfang an und gibt manchmal einen aus. Und unter den Stammgästen sind wir auch sofort bekannt. Somit kommen wir abends aus unserer Bude heraus und haben etwas Abwechslung.

Am Sonntag, den 29. Januar verlasse ich Sint Maarten vorübergehend und fliege wieder nach St. Lucia. Dort werde ich mich mit Linda treffen und die nächsten Tage damit zubringen, Ihr Schiff in- und auswendig kennenzulernen, da ich es im Mai zusammen mit Freunden zurück nach Europa segeln werden. Neben notwendigen Wartungsarbeiten an der Maschine steht aber auch ein Segeltörn in die Grenadines an – der Traum setzt sich fort. Doch davon mehr im nächsten Blog.

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